alltaegliche ghana-wahnsinn ;-)

Ich weiss nicht ob ich das schon getan habe, aber ich wollte euch schon lange mal erzaehlen, wie so mein taeglicher arbeitsweg aussieht. das ist naemlich immer wieder ein erlebnis! von meinem wohnheim laufe ich ca. 15min zur naechst groesseren hauptstrasse, von wo aus die trotros - die hiesigen oeffentlichen verkehrsmittel - abfahren. auf dem weg dahin geht's vorbei an 'meinem' schneider, der mir immer sagt, dass er meine sachen noch nicht fertig schneidern konnte, weil ja staendig der strom ausfaellt. dann vorbei an dem internetcafe, wo ich oefters bin und an einer weiteren schneiderin. gruss! - ja, man winkt mir schon zu und gruesst. manchmal gehe ich noch in einen der kleinen garagen-buden-laeden auf dem weg und hole mir ne flasche wasser oder gehe zur obstverkaeuferin, die mich immer, jeden tag, immer sehr warmherzig begruesst und besorge mir paar aepfel oder so.

fruehstuecken tue ich immer schon im hostel...meistens haferflocken und banana, oder cornflakes, oder eine art instant maisbrei (aber lecker), oder dieses elende weissbrot, an das ich aber langsam nicht mehr rankomme, mit marmelade, erdnussbutter oder diesen schmelzkaeseecken ("the laughing cow")...eigentlich widerlich. an milch kommt man nicht immer ran. milch ist erstens schweineteuer und zweitens haben die manchmal nur die kodens-variante. also muss ich manchmal schon auf milchpulver zurueckgreifen....aber was tut man nicht fuer ein annaehernd annehmbares fruehstueck?! ;-)

zurueck zum arbeitsweg! jedenfalls bin ich irgendwann an dieser hauptstrasse, die ich todesmutig ueberqueren muss. in ghana haben immer (!) die kraftfahrzeuge vorfahrt. niemals die fussgaenger. als weisse darf man aber manchmal in den genuss kommen, doch rueber gewunken zu werden.

da stehe ich also nun an der so genannten haltestelle, die nur dadurch als haltestelle gekennzeichnet ist, weil dort mehrere leute wartenderweise am strassenrand stehen. eine haltestelleschild gibt's nicht.

man wartet so zwischen und 0 und 20 minuten und die trotros fahren ran und der so genannte "mate" (der schaffner *lol*) ruft wo's hingeht, also z.B. "central market! central market!" oder eben "roman! roman!". Da muss ich hin...zum roman hill. man muss schon genau hinhoeren, was die rufen und auch selbst seinen zielort nochmal sagen, um sich zu versichern, dass das auch wirklich jetzt das richtige trotro ist.

das scheint alles zunaechst chaotisch und unorganisiert. zunaechst dachte ich, ich schaff das nie allein mit so nem ding mitzufahren. aber hier hat eben alles seine eigene chaos-ordnung. die trotros haben feste routen und es gibt auch mehr oder weniger feste haltepunkte. man muss nur wissen, wie die heissen oder was dort in der naehe ist.

ich finde also schnell mein trotro und quetsche mich hinein. manchmal muss man sich vordraengeln, weil nicht mehr genug platz ist. das machen alle. im fahrzeug ist es trotz weit geoeffneter fenster recht stickig und so schwitzt man munter vor sich hin. ein schweisstuch ist da eine praktische sache...

die trotros sind wie gesagt kleinbusse, meistens ausrangierte vehikel aus deutschland, oesterreich oder den niederlanden, wie an den alten beschriftungen erkennbar. bisweilen gibt's da unterhaltsames zu lesen, z.B. "Grabpflege. Grabgestaltung." oder folgender warnhinweis: achtung. bitte nicht den kopf oder die haende aus diesem fenster stecken!" dazu muss man sagen, dass der mate meistens gleich den ganzen (ober-) koerper rauslehnt, um das fahrtziel den wartenden menschen am strassenrand zuzurufen.

so geht's also in die stadt und durch die rush hour. oft versucht der fahrer schleichwege zu nehmen, um den stau zu umfahren. mehr schlecht als recht. die luft stinkt nach abgasen. das fahrzeug klappert an allen ecken, selten verdient die schiebetuer an der seite das adjektiv 'funktionstuechtig' und spaetestens beim ein- oder aussteigen erkennt man, warum ein trotro-team immer aus 2 personen besteht: der fahrer und der mate, der mit hinten sitzt, das fahrgeld einsammelt und die eingeklemmte schiebetuer oeffnet und schliesst. - und natuerlich lautstark die fahrtrichtung ruft bzw. geheime handzeichen gibt. da bin ich jetzt langsam dahintergestiegen, dass jede endhaltstelle ein anderes zeichen ist. nonverbale kommunikation im strassenlaerm sozusagen. zeigt der zeigefinger nach rechts, heisst das "roman!"

an den grossen ampelkreuzungen laufen viele menschen zwischen den blechreihen hindurch. auf den koepfen tragen sie riesige schuesseln oder schaukaesten mit allerhand zeugs, was man gleich aus dem auto heraus kaufen kann. wasserbeutel und snacks sind da noch das sinnvollste. verkauft wird aber einfach alles: wasser in plastikbeuteln, krapfen, teigtaschen, plantain (= leckere kochbananen-chips), ne art fruehlingsrollen, bananen, aepfel, ananas, zuckerohr, schokolade (moechte nicht wissen, wie zerschmolzen die schon ist), eiscreme (ebenfalls in plastikbeuteln), energy-drinks, kekse, besagte schweistuecher, kaugummi, stifte, bettlaken (!), schaumstoffschwaemme (!?), superkleber (?). jesus-poster, zeitungen, schluesselbaender, credids fuers handy, zauberwuerfel oder abc-spiele fuer kinder (?). das ist nur ne auswahl...ich find's immer wieder faszinierend...

nach ca. 20-30 min bin ich am ziel und sage dem mate, er soll mich bei fox fm rauslassen. da klopft der 2 mal ans karosserieblech und der fahrer checkt, das jmd. aussteigen will. dann schiebt man sich durch die schiebetuer. geschafft! :-)

ich laufe ueber einen roten staubigen platz zum sender, begruesse die kollegen "guten morgen! wie geht's? danke, gut. blablabla" dann laufe ich ersteinmal zum 'news-room', dem offiziellen buero (was aber kein ist) der nachrichtenredaktion. wenn ein platz da ist, setze ich mich und schreibe oder lese ein bisschen vor mich hin. manchmal, aber selten, gehts auch gleich mit einen kollegen nach draussen zum reporten. aber wenigsten tue ich so als wuerde ich arbeiten und gebe mir auch immer recht sinnvolle arbeiten, wie etwa reiseplanung erstellen :-)

die kollegen sitzen erstmal nur rum, spielen mit ihren handys, hoeren musik, surfen im internet oder sitzen einfach bloss rum, starren in den fernseher, der staendig laeuft, doesen vor sich hin, schlafen... aber ich will nicht unfair sein. viele haben irgendwann im laufe des tages schon etwas zu tun. und irgendwie laeuft der laden ja auch. sie recherchieren im netz, rufen ihre kontakte an, waren bei einer veranstaltung oder interview und verfassen jetzt die meldung fuer die 12.00-nachrichten. es gibt nur 3 nachrichtensendungen am tag: 6.00, 12.00 und 18.00, jeweils 30min.

oftmals wird es mir in der bude aber irgendwann zu bunt, wenn alle aufgeregt durcheinander quatschen, diskutieren, schreien... da sie das in twi tun, verstehe ich kein wort. dann geh ich halt und such mir ein anderes plaetzchen, z.b. im empfangsraum bei den ladies. irgendwann sind 3 bis 4 stunden um und ich verkruemel mich. die meisten kollegen haengen von morgens bis abends im sender. wenn ich sie manchmal absichtlich darauf anspreche, was sie gerade machen: "i am just relaxing". einmal hatte ich wirklich 2 bis 3 stunden am stueck gut zu tun und zu schreiben. da kam eine kollegin an und meinte "Anja, ich hab dich heute noch gar nicht relaxen gesehen!". in ihrer stimme schwang verwunderung und besorgnis. ich finds einfach nur zum schreien komisch... ;-)

man muss hier aber bedenken, dass in ghana privates und geschaeftliches vermischt werden. verbringen also auch ihre "freizeit" am arbeitsort. fuer uns was unvorstellbar... so wechseln die ghanaer aber auch im gespraech ploetzlich vom geschaeftlichem zum privaten und gammeln (in meinen augen) den tag ab. ich laufe derweil in die stadt, mache meine besorgungen, gehe ins internetcafe und treffe mich mit den anderen obrunis.

trotzdm mir das alles so unorganisiert und zeitverschwenderisch manchmal vorkommt - irgendwie laeuft der laden ja! aber fuer meine deutsche organisationsseele kann das manchmal schon recht frustrierend sein... aber hab's ja bald geschafft! so lange ziehe ich eben mein ding durch und ein buch zum lesen oder den reisefuehrer fuer die weitere planung habe ich auch immer dabei ;-)

ich wuensche euch erstmal eine schoene restwoche...ist ja bald schon wieder wochenende...hehe
alles liebe,
eure anja

P.S. @ Rene und Anja: merci fuer euren kommentar. joa mir gehts gut! ;-) naechstes wochenende kommt auch endlich der markus vorbei uns zusammen bleiben wir dann noch 3 wochen und reisen durch die gegend. am 1.4. ist unser rueckflug. aber das ist noch laaaaaaang hin... :-)